Donnerstag, 10. Januar 2019

Führung und Kommunikation in der Krise

Ein interessanter Artikel zum Thema Führung im Harvard Business Review

Von Rosabeth Moss Kanter

Eine schlüssige Strategie ist gut - reicht aber nicht aus, um die Krisenstimmung in Ihrem Unternehmen zu beenden. Sie müssen vor allem das Vertrauen von Mitarbeitern und Führungskräften zurückgewinnen, die Kommunikation in Gang bringen und ihre Manager aus der Lethargie reißen.

In den vergangenen Jahren habe ich knapp zwei Dutzend Turnarounds in verschiedenen Entwicklungsstadien verfolgt. Ich sah, wie neue Führungskräfte eine Organisation in Not vor dem Abgrund retteten und wieder auf den richtigen Weg brachten. Jedes Mal waren natürlich kluge finanzielle und strategische Entscheidungen nötig. Aber Manager des Wandels müssen noch eine zweite Aufgabe lösen, die für die Rettung des Unternehmens ebenso wichtig ist - eine Aufgabe, die ebenfalls großes Geschick erfordert, bislang jedoch kaum Beachtung fand.

Die Führungskräfte müssen das Vertrauen ihrer Angestellten in sich selbst und in andere wiederherstellen, denn nur so fassen auch Investoren und Öffentlichkeit wieder Vertrauen. Sie müssen ihre Mitarbeiter inspirieren und ihnen den Freiraum geben, alles zu tun, was die Profitabilität des Unternehmens wiederherstellt. Kurz gesagt: Jeder Manager an der Spitze eines Krisenunternehmens muss auch einen Turnaround in den Köpfen bewirken.

Betrachten wir anhand von drei Beispielen, was auf einen Krisenmanager zukommt:

Der Fall Gillette. Noch Mitte der 90er Jahre ging es dem Unternehmen sehr gut. Danach stagnierten die Verkaufszahlen des Konsumgüterherstellers jedoch für mehrere Jahre; bis 2001 sanken die Umsatzrenditen und Gillette verlor Marktanteile. Zwar verkaufte sich der Mach3-Rasierer ausgezeichnet, doch das Management hatte zu sehr auf Rabattschlachten gesetzt und gewährte dem Handel zum Quartalsende Sondernachlässe, um Produkte in den Markt zu drücken und die Umsatzziele zu erreichen. Dabei opferte das Unternehmen jedoch seine Margen und gefährdete den Umsatz des folgenden Quartals. Manager aus verschiedenen Produktsparten und aus unterschiedlichen Regionen versuchten zwar, etwas dagegen zu unternehmen - da sie jedoch selten an den gleichen Konferenzen teilnahmen, waren Initiativen in ihren Bereichen nicht koordiniert. Einzelne Abteilungen trafen Entscheidungen, ohne die anderen zu unterrichten. Die Folge waren Verschwendung und Doppelarbeit. Kollegen respektierten einander immer weniger.

Der Fall BBC. 1999 lag die British Broadcasting Corporation moralisch am Boden. Zwar waren die Einnahmen dank der staatlichen Rundfunkgebühren bis 2006 gesichert, aber die Einschaltquoten sanken, das Unternehmen bekam immer schlechtere Bewertungen und wurde von kommerziellen Sendern überholt. In der Belegschaft wuchsen Zweifel und Zynismus. Viele Leute fühlten sich angegriffen, von innen wie von außen. Programmentwickler beschwerten sich, sie seien den Programmdirektoren ausgeliefert und würden unfair behandelt. Erst mussten sie einen langen bürokratischen Vorlauf absolvieren - und dann wurden ihre Sendekonzepte in mehr als der Hälfte der Fälle abgelehnt. Die Radiosparte fühlte sich gegenüber den Fernsehleuten benachteiligt, und das Sportressort musste um Sendezeit kämpfen. Regelmäßig gingen Angestellte an die Presse, um dort ihrem Ärger Luft zu machen, was die Stimmung bei der BBC weiter verschlechterte.

Der Fall Invensys. Dieses hauptsächlich durch Übernahmen entstandene internationale Konglomerat, das im Jahr 2001 mehr als 50 000 Menschen in den Bereichen Industriedienstleistung und Energieversorgung beschäftigte, stand kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Für einige Manager war diese Misere nur das äußere Anzeichen für einen inneren Ideenbankrott. Die Kommunikation im Unternehmen funktionierte nicht, das Topmanage- ment traf nur noch selten komplett zusammen. Die Sparten waren weitgehend voneinander isoliert und bekämpften sich, und die Manager richteten ihre Aufmerksamkeit nach innen. Fortwährende Umstrukturierungen hatten eine Atmosphäre der Angst geschaffen und die Eigeninitiative der Angestellten geschwächt. Als der neue Vorstandschef seine Manager einzeln bat, drei Personen innerhalb des Unternehmens zu nennen, die sie respektierten, fiel den meisten gerade einmal eine Person ein.

Frei nach Tolstoi ist jedes unglückliche Unternehmen auf seine Weise unglücklich. Aber abgesehen von einigen Details verliefen Niedergang und erneuter Aufstieg bei den drei genannten Firmen bemerkenswert ähnlich. Auch in anderen Fällen habe ich immer wieder das gleiche Muster entdeckt, unabhängig von äußeren Faktoren - bei Banken und Konsumgüterherstellern, im Einzelhandel, bei Industriegüterunternehmen, in Softwarefirmen, Bildungseinrichtungen und Medienunternehmen, egal ob in Nordamerika oder Europa. Immer wenn eine Organisation in Schwierigkeiten gerät, treten die gleichen Symptome auf: Mitarbeiter und Manager halten Informationen zurück, beschuldigen sich gegenseitig, grenzen andere aus oder meiden einander, verfallen in Lethargie und Hilflosigkeit. Ein Fehlverhalten verstärkt das andere, und das Unternehmen gerät in eine Art Abwärtsspirale. Um diesen Trend zu stoppen, muss ein Firmenchef gezielt jedes der Symptome angehen. Wie dieser Sog wirkt, lässt sich gut anhand eines Unternehmens zeigen, das ich Industrie AG (IAG) nennen will.

Früher war die IAG ein Lieblingskind der Branche, vom schnellen Wachstum verwöhnt. Dann floppten einige neue Produkte. Gleichzeitig waren die Kosten für den nach dem Technologie-Crash schrumpfenden Markt zu hoch. Das Unternehmen geriet ins Wanken. Der größte Konkurrent der IAG hingegen wurde immer stärker, obwohl er auf demselben gnadenlosen Markt agierte. Es schien wie verhext: Der Konkurrent machte alles richtig, die IAG alles falsch. Ein Analyst sagte einmal, die IAG sei tot mehr wert als lebendig. Große Kunden riefen an und fragten nach, ob die Firma die Servicezusagen für ihre Produkte halten könne. Mit jedem Unternehmen, das die Überlebensfähigkeit von IAG anzweifelte, verloren auch andere das Vertrauen.

Das IAG-Management versuchte, das Ruder mit zwei innovativen Produkten herumzureißen. Aber auch dies brachte keine Verbesserung, weil jeder Schritt des Unternehmens nun als Zeichen der Schwäche gesehen wurde. Die IAG hatte mit einem negativen Haloeffekt zu kämpfen. Normalerweise benutzen Psychologen diesen Ausdruck, um die positive Aura zu umschreiben, die eine erfolgreiche Person oder Organisation umgibt. In der Tat, als die IAG auf dem Weg nach oben war, wurden die Gründer des Unternehmens als brillante Strategen gelobt. Die Hymnen auf das Unternehmen machten seine Produkte begehrenswert, und das Wachstum beschleunigte sich immer weiter. Damals hatte der Haloeffekt jede Schwäche überdeckt. Jetzt verbarg er die Stärken von IAG. Das Unternehmen musste mehrere Quartale hintereinander immer schlechtere Ergebnisse bekannt geben.

Um wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen, ermahnte die Unternehmensführung alle Angestellten, die Kosten zu senken und neue Produkte noch schneller auf den Markt zu bringen. Ein Strom von Anweisungen ergoss sich über die Beschäftigten. Die Belegschaft quittierte den neuen Kasernenhofton mit Zynismus. Einige taten nur noch das Nötigste und arbeiteten genau so lange, wie es nötig war, um den Jahresbonus zu bekommen. Manager distanzierten sich von Entscheidungen des Unternehmens. Gegenüber externen Beratern wiesen sie jegliche Verantwortung zurück: Sie hätten nichts mit den Entscheidungen zu tun, sie seien nicht mit ihnen einverstanden oder jemand in einer anderen Sparte oder einer anderen Abteilung sei dafür verantwortlich.

Je prekärer die Lage wurde, desto mehr schotteten sich die Führungskräfte voneinander ab. Entweder ergingen sie sich in Schuldzuweisungen - oder sie gingen einander aus dem Weg. Da niemand gern schlechte Nachrichten hört, beschränkten die IAG-Manager den Austausch mit Angestellten und untereinander auf ein Minimum. Dabei wollten sie die Probleme keineswegs vertuschen - sie fanden nur Entschuldigungen, Konferenzen abzusagen oder zu verschieben. Einer der häufigsten Gründe: die immer größere Arbeitsbelastung.

Der Vorstandschef wies das Management an, vor allem die eigene Leistung zu verbessern, und drohte damit, Zulagen zu streichen. Von da an konzentrierten sich die Führungskräfte darauf, die Ziele ihrer Abteilung zu erreichen, und so gut wie alle funktions- oder spartenübergreifenden Projekte fielen unter den Tisch. Niemand wusste mehr genau, was in anderen Teilen des Unternehmens vor sich ging. Es interessierte sich auch keiner mehr dafür. Stattdessen malten sich die Mitarbeiter aus, dass andere Pläne schmiedeten, um ihnen ihren Anteil am schrumpfenden Budget wegzunehmen. Viele Dinge wurden doppelt erledigt, weil jeder eine Aufgabe lieber selbst anging, als sich mit anderen abzustimmen.

Die Mitarbeiter verwendeten ihre Zeit und Energie zunehmend darauf, sich selbst zu schützen, statt Probleme zu lösen. Die unsichtbaren Mauern zwischen den Revieren wuchsen. Die meisten Topmanager der IAG saßen nur einige Meter voneinander entfernt in Büros mit Glaswänden - doch viele von ihnen gaben an, dass sie keine Ahnung von den Plänen der anderen Geschäftseinheiten hatten. Der Vorstandschef und der Finanzvorstand kontrollierten alle umlaufenden Informationen. Die strengen Vorschriften für das Berichtswesen wurden noch strenger, Kommunikation außerhalb der formellen Treffen fand kaum mehr statt.

Nur noch selten traf sich die gesamte Führungsspitze. Jeder suchte eine Ausrede, um nicht an den Treffen teilnehmen zu müssen, denn die wenigen noch stattfindenden Konferenzen liefen immer gleich ab: Erst hielt der Vorstandschef eine Gardinenpredigt, dann folgten Berichte ohne Informationsgehalt. Niemand brachte kritische Themen zur Sprache, weil dies meist zu einem wütenden Schlagabtausch führte, bei dem ein Abteilungsleiter den anderen beschuldigte, er würde ihm Steine in den Weg legen. Gib den anderen die Schuld, bevor du sie selbst in die Schuhe geschoben bekommst, lautete die Devise. Einmal schrieb der Leiter der IAG-Kundenbetreuung sogar Memos, in denen er Probleme auflistete, die an anderer Stelle innerhalb seiner Abteilung verursacht wurden. Mitarbeiter mit guten Resultaten distanzierten sich um ihres Rufes willen von Kollegen mit schlechten Resultaten - ein Verhalten, das bis zu offener Verachtung ging.

Viele Führungskräfte kündigten, sobald sich eine Alternative bot. Dies bedeutete nicht in jedem Fall einen Verlust, denn einige hatten die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt. Aber nun musste die IAG ununterbrochen neue Mitarbeiter einstellen, um die Lücken an der Spitze zu füllen. Wichtige Arbeiten blieben unerledigt, weil eine Person plötzlich zwei Positionen ausfüllen musste. So war der IT-Vorstand zum Beispiel auch für das operative Geschäft verantwortlich. All dies beschleunigte den Niedergang der IAG. Auch außerhalb der Arbeitszeiten wollten die Mitarbeiter nichts mehr miteinander zu tun haben. Dies ging so weit, dass der Vorstandschef seinen direkten Untergebenen befehlen musste, an einer Veranstaltung des Unternehmens teilzunehmen.

Bei dem Versuch, den Niedergang aufzuhalten, geriet die IAG in die Rabattfalle wie so viele Unternehmen in Not. Zum Ende jedes Quartals gewährte die IAG ihren Händlern Preisnachlässe, um die Lager zu räumen. Diese Lösung war verlockend und half auch kurzfristig gegen sinkende Absätze. Am Ende verschlimmerte sie die Situation jedoch nur. Wegen der Preissenkungen blieb nicht mehr so viel Geld für Marketingaktivitäten übrig und dadurch wiederum machte sich die IAG von den Sonderaktionen abhängig. Die Kunden wussten zudem, dass sie nur bis zum Ende des Quartals warten mussten, um günstigere Konditionen zu bekommen. Die IAG-Manager hatten das Gefühl, immer weiter Nachlässe gewähren zu müssen. Dieses Agieren aus einer schwachen Verhandlungsposition heraus verschlechterte die ohnehin nicht gute Situation des Unternehmens weiter.

Dieses Gefühl der eigenen Schwäche nennen Psychologen "erlernte Hilflosigkeit" - ein Begriff, den Martin Seligman von der Universität Pennsylvania geprägt hat. Viele Leute bei der IAG hatten das Gefühl, sie könnten das Schicksal des Unternehmens ohnehin nicht beeinflussen. Sie verfielen in Passivität. Indes klagte der Vorstandschef darüber, dass alle guten Vorschläge von ihm stammten. Je öfter er das tat, desto schlechter fühlten sich die Angestellten, weil er ihnen das Gefühl vermittelte, ihre Ideen taugten nichts. Manager setzten sich niedrige Ziele, um diese auch sicher zu erreichen. So testete damals eine Abteilung der IAG eine neue Verkaufsmethode, die den Umsatz verdoppelte - doch andere Manager gingen in ihrer Planung von viel geringeren Zahlen aus, für den Fall, dass das neue Verfahren bei ihnen nicht funktionieren sollte. Während Erfolgreiche zu Arroganz neigen, verfallen Erfolglose offenbar in eine Art selbstzerstörerische Ängstlichkeit. So erzeugten zahlreiche Einzelentscheidungen, die den Betreffenden absolut logisch erschienen, im gesamten Unternehmen eine Atmosphäre der Machtlosigkeit. Die Abwärtsspirale drehte sich weiter.

Die Geschichte der IAG zeigt, wie eine Unternehmenskultur zerfällt: indem ein Problem zum anderen kommt. Der Ablauf noch einmal in Kürze: Es beginnt mit einem Schlag, der das Unternehmen aus dem Gleichgewicht bringt. Dann schieben die Mitarbeiter sich gegenseitig die Schuld zu und machen Kollegen aus anderen Bereichen des Unternehmens schlecht. Die hieraus resultierenden Spannungen senken die Kooperationsbereitschaft und arten schnell in eine Art Revierkämpfe aus. Jeder im Unternehmen grenzt sich immer stärker ab und hält Informationen zurück. Sobald nicht mehr alle an einem Strang ziehen, klappt immer weniger, und die Menschen glauben am Ende, sie seien hilflos. Sie werden passiv. Schließlich zeigt sich das letzte Symptom der Krise: kollektive Verweigerungshaltung. Genau wie im Märchen "Des Kaisers neue Kleider" wirken alle unbeabsichtigt zusammen: Jeder hat Angst, mit seiner Meinung allein dazustehen. Deswegen täuschen Menschen lieber Unwissenheit vor. Psychologen bezeichnen dieses Phänomen als sozialoptische Täuschung oder "Pluralistic Ignorance".

So gesehen ist es ein Wunder, wenn ein Unternehmen aus der Abwärtsspirale ausbricht. Im Fall der IAG ist dies gelungen - nachdem ein neuer Vorstandschef das Ruder übernommen hatte. Wie hat er diese Meisterleistung vollbracht? Eigentlich gibt es für den Firmenchef nur einen Weg, das Unternehmen wieder ins richtige Fahrwasser zu bringen: indem er den Mitarbeitern neue Energie gibt, indem er Informationsblockade und Verleugnung durch Dialog ersetzt, Schuldzuweisung und Herablassung durch Respekt, Vermeidung und Revierkämpfe durch Zusammenarbeit, Passivität und Hilflosigkeit durch Initiative. Betrachten wir diese Aufgaben der Reihe nach.

Den Dialog fördern
Firmen verschlimmern ihre finanziellen und strategischen Probleme, wenn sie Informationen vor ihren Angestellten und vor der Öffentlichkeit geheim halten. Wie zahlreiche Skandale der jüngsten Zeit gezeigt haben, richtet das Vertuschen oft mehr Schaden an als der Fehler selbst. Probleme lassen sich nicht lösen, wenn nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen. Wer ein Unternehmen neu ausrichten will, muss also zuerst alle Kommunikationswege erschließen - oben beginnend.

An seinem ersten Tag als neuer Chef von Gillette, im Februar 2001, rief Jim Kilts den gesamten Vorstand zusammen und stellte ausführlich seinen Führungsstil und seine Philosophie vor. Er sagte, er erwarte Management auf der Basis von Fakten, offene Kommunikation, Einfachheit und die Mitarbeit der Linienmanager und Angestellten von Gillette. Eine Seite seiner Präsentation trug die Überschrift "Mein Stil". Hier war eine Aussage hervorgehoben: "Wenn Sie etwas stört, sprechen Sie es offen an." Kilts nahm ebenfalls kein Blatt vor den Mund: Vor seinem Amtsantritt hatte er das Unternehmen einen Monat lang von außen unter die Lupe genommen und Stärken wie Schwächen genau analysiert. Das Ergebnis legte er nun seinem Führungsteam vor und einige Tage später dem Aufsichtsrat. Außerdem richtete Kilts sofort eine Reihe von Kommunikationsplattformen ein - wöchentliche Mitarbeitertreffen, Wochenberichte aller Führungskräfte weltweit und vierteljährliche externe Treffen für das Topmanagement. Auf einer Seite im firmeneigenen Intranet beantwortete Kilts persönlich die Fragen von Angestellten. Managern ausländischer Standorte, die er nicht selbst besuchen konnte, schickte er Videoaufzeichnungen der Gespräche und er rief Diskussionsrunden für die Angestellten ins Leben.

Nicht alle Maßnahmen des neuen Chefs stießen sofort auf Begeisterung. So legte er die Leistungsdaten seines Führungsteams offen, indem er Berichtsformulare einführte, die alle drei Monate auszufüllen waren. Diese konnte - zunächst in anonymer Form - jedes Vorstandsmitglied einsehen. Damit wusste der Einzelne, wo er im Vergleich zu seinen Kollegen stand. Gefolgt wurden diese Formulare von offenen Präsentationen, in denen die Vorstände ihre wichtigsten Ziele für das kommende Quartal darlegten. Unter dem Strich förderte diese Vorgehensweise die Offenheit und die Kommunikation bei Gillette. Das Blockieren von Informationen und jegliche Verweigerungshaltung lösten sich in Nichts auf. Es gab keine Möglichkeit mehr, Informationen zu verbergen. Die Kommunikation bei Gillette veränderte sich. An die Stelle der Berichterstattung trat der Dialog in der Gruppe. Zuvor seien sie zu den Konferenzen gegangen, hätten ihren Text aufgesagt und wären wieder gegangen, erzählten mir Manager. Unter Kilts trugen sie ihren Text vor - und blieben, um Fragen zu beantworten. "Er versucht nicht, sich selbst oder das Unternehmen mit irgendwelcher Mystik zu umgeben", schilderte ein Manager seinen Eindruck. Alles konnte hinterfragt werden.

Auf ähnliche Weise veränderten sich Menge und Qualität der ausgetauschten Information in anderen Unternehmen, die ich beobachtet habe. Bei der BBC verschlankte der neue Vorstandschef Greg Dyke die Hierarchie, indem er die Ebene zwischen dem Topmanagement und den für Zielgruppen und Produkte Verantwortlichen abschaffte. Er setzte Leute aus der Programmgestaltung in den Vorstand und ließ sie mitentscheiden. Die Zahl der Konferenzen nahm zu, und die Treffen wurden informeller. Dyke liebte die offene und direkte Kommunikation mit einzelnen Angestellten mittels persönlicher E-Mails und Ansprachen an die gesamte BBC. "Er schreibt alle Mitteilungen selbst", bemerkte der Finanzchef der BBC. "Sie kommen von Herzen, und er sagt den Leuten direkt und ohne Umschweife, was er von ihnen will." Dyke verordnete seinem Führungsteam, auf Formalitäten zu verzichten. So blieb mehr Zeit für Strategiegespräche. Er vereinfachte auch die Vorschriften, wie Berichte der Sparten an den Vorstand auszusehen hatten. Zuvor hatte BBC News seine Statusberichte in sechs dicken Ordnern abgeliefert. Unter Dyke umfassten sie nur noch zehn Seiten. Die Angestellten wiesen des Öfteren auf die herzliche Art des Vorstandschefs hin. "Menschen bedeuten Greg etwas", sagte ein Manager. "Er berührt einen an der Schulter und am Arm - ganz anders als die sonst meist distanzierten Briten. Er baut einen echten Kontakt auf und nimmt sich für so viele Leute Zeit, wie er kann."

Invensys-Chef Rick Haythornthwaite und sein Team machten den Dialog zum Wahrzeichen. An den größten der weltweit 400 Standorte des Unternehmens rief Haythornthwaite die Mitarbeiter zu Treffen im Stil von Bürgerversammlungen zusammen. Er rief höchstpersönlich Mitarbeiter an, die eine wichtige Frage angesprochen oder über das "Frag Rick"-Telefon Kritik geäußert hatten. Noch heute beantwortet er die Fragen von Angestellten selbst. Dialog heißt für ihn: Jeder verdient eine Antwort. "Die Leute merken sehr schnell, wenn Sie sich aus der Verantwortung stehlen", sagt Haythornthwaite. "Auch wenn es unglaublich anstrengend ist: Sie müssen immer darauf achten, ob Sie jemanden übergangen haben oder ob Sie noch eine Reaktion auf einen Diskussionsbeitrag schuldig geblieben sind. Solche Nachlässigkeiten untergraben Ihren Erfolg."

Früher hatten Führungskräfte bei Invensys immer eine gewisse Distanz zu den Angestellten gehalten. Gerade deswegen stellte sich Haythornthwaite ohne Podium vor seine Leute. Bei einer der Versammlungen sprach er in einer Halle über die Belange der Firma, und direkt vor ihm drängten sich die Menschen. Als es Zeit für die Fragen war, wollte gleich der Erste wissen, warum das Unternehmen die Gesundheitsleistungen gekürzt hatte. "Ich spürte ganz genau: Jetzt hing alles von meiner Antwort ab", erinnert sich Haythornthwaite. "Dabei war ich nicht einmal für die Kürzung verantwortlich. Ich hätte also alles auf meinen Vorgänger schieben können." So wies Haythornthwaite zwar darauf hin, dass es nicht seine Entscheidung gewesen war. Er sei jedoch für die Folgen Rechenschaft schuldig. Dann präsentierte er den Versammelten Zahlen zu den Kosten der Gesundheitsversorgung. So konnten sie sehen, dass die Einschnitte die einzig vernünftige Lösung gewesen waren. "Ich könnte Ihnen nur dann etwas Erfreulicheres sagen, wenn wir die Gesundheitsversorgung der USA völlig umkrempeln würden", erklärte er den Leuten, und von da an hatte er das Publikum wieder auf seiner Seite. "Das Management hat Ihnen in der Vergangenheit Fakten vorenthalten, das war bewusst herablassend. Wenn man im gleichen Boot sitzt, muss jeder die Tatsachen kennen."

In der Krise steht oft das gesamte Vermögen der Eigentümer auf dem Spiel, es gilt das Lebenswerk zu retten. In solchen Fällen helfen keine Ratschläge und auf Hochglanzpapier gedruckte Konzepte – sondern Taten und Ergebnisse. Um die operativen und finanziellen Hürden zu meistern sind rasches Handeln, Objektivität und echte Resultate notwendig. Solche Situationen erfordern umsetzungsstarke und krisenerfahrene Managementleistungen.
Kluge Eigentümer und vorausschauende Manager haben dies erkannt. Es geht um Performance im gesamten Unternehmen, erkennbar an exzellenten Bilanzen – die ein Topunternehmen vom Mitbewerb unterscheiden.
ReManagement bietet Services für Krisenunternehmen bzw. Unternehmensbereiche mit geringer Performance. In über 10 Jahren Erfahrung haben unsere Mitarbeiter das Vertrauen unserer Kunden erarbeitet, indem wir jedem Problem höchste Aufmerksamkeit geben. Faktenorientiert Lösungen aufzeigen, verbindlich Handeln und ein integerer Führungsstil zeichnen uns aus. Wir glauben an partnerschaftliche Umsetzung und Qualität in unserem Handeln, sowie echte Freude an der Arbeit. Dies ist der Schlüssel für den gemeinsamen Erfolg.

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