1 Allgemein
Unternehmenskrisen
entstehen nicht über Nacht, sondern als ein schleichender Prozess, dem eine jahrelange Vorgeschichte vorausgeht. Erkannt werden diese
oftmals erst dann, wenn die klassischen Indikatoren für
eine akute Krise wie z.B. rückläufige Umsatzerlöse
und operative Erträge sowie eine angespannte Liquiditätssituation zu Tage treten. Es gibt natürlich auch Ausnahmesituationen, in denen exogene
Schocks die Existenz von Unternehmen abrupt bedrohen.
Auslöser hierfür können z.B. Naturkatastrophen oder Schadensersatzansprüche
sein, die von den betroffenen Unternehmen nicht
verkraftet werden können.
Die Ursachen für Unternehmenskrisen
lassen sich in unternehmensinterne und -externe
Ursachen unterteilen. Diese treten in den meisten Fällen kumuliert auf und können sich wechselseitig verstärken (Abb. 1).
1.1 Externe Krisenfaktoren
Externe
Krisenfaktoren sind alle diejenigen Einflussgrößen, die vom Unternehmen nicht oder nur
begrenzt beeinflusst werden können. Dazu gehören vor allem die gesamtwirtschaftliche Situation sowie das Markt- und
Wettbewerbsumfeld, das Veränderungen z.B.
durch Deregulierung, neue Technologien oder sich wandelnde Kundenbedürfnisse unterliegt. Im Folgenden werden
ausgewählte Unternehmens Externe
Krisenfaktoren erläutert.
1.1.1 Stagnierender/rückläufiger Markt
Zahlreiche
Unternehmen, die sich in einer Krisensituation befinden, operieren in stagnierenden oder schrumpfenden Märkten. Rückläufige Kapitalrenditen,
niedrige Innovationsraten und zunehmende Commoditisierung
fuhren dazu, dass Preis Wettbewerbsfähigkeit
und damit Kosteneffizienz zunehmend zum wichtigsten Erfolgsfaktor werden. Überkapazitäten lösen häufig bei oligopolistischen
Anbieterstrukturen eine Intensivierung
des Preiswettbewerbs aus, wenn Hersteller und Händler zur Grenzkostenpreisbildung
übergehen, um Deckungsbeiträge für den Fixkostenblock zu erzielen. Rückläufige Nachfrage führt dazu, dass Grenzanbieter, deren
Kostenstrukturen in guten Zeiten noch auskömmliche Margen ermöglichen, in
rezessiven Zeiten nicht mehr
wettbewerbsfähig sind. Reagieren die Anbieter mit einer Kapazitätsanpassung (»Downsizing«), werden zwar Leerkosten vermieden, jedoch nicht
notwendigerweise wettbewerbsfähige Kostenstrukturen erreicht.
Dies gilt vor allem in Branchen, in denen
Betriebsgrößenvorteile bestehen. Aktuelle Beispiele finden sich z.B. im Groß- und Einzelhandel, in der Automobilzulieferindustrie oder im Banking.
Eine fragmentierte Anbieterstruktur, in der die
einzelnen Spieler unterhalb des erreichbaren Effizienzoptimums
agieren, Obwohl auf Dauer nicht tragfähig. Es entstehen durch Zusammenschlüsse größere Einheiten mit Kostenvorteilen gegenüber den
kleineren Spielern. Unternehmen mit Kostennachteilen
gegenüber dem Markführer, die über
keine
nennenswerten Differenzierungsmerkmale verfügen, geraten dann unter Zugzwang. Ein Beispiel für Konsolidierungsprozesse in
stagnierenden/rückläufigen Märkten stellt
die deutsche Brauwirtschaft dar.
In
stagnierenden oder schrumpfenden Märkten müssen sich Unternehmen strategisch neu ausrichten, um sich durch Innovation oder Expansion neue Markt-
und Wachstumspotenziale zu erschließen. Unternehmen,
die es versäumt haben, rechtzeitig in
reifen Märkten neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, sind weit schwieriger zu sanieren, da die nachhaltige Transformation des
Unternehmens aufgrund des zu erwartenden Vorlaufs von
entsprechenden F&E-Aktivitäten und den damit verbundenen Investitionsrisiken. einen recht langen Zeitraum in
Anspruch nehmen kann. Kapitalgeber, die regelmäßig die Sanierung mit frischem
Kapital finanzieren müssen, sehen sich bei
marktbedingten Sanierungssituationen weitaus größeren Sanierungsrisiken gegenüber als bei krisenbehafteten Unternehmen,
die sich in attraktiven Märkten bei allerdings
mangelhafter Effizienz bewegen.
1.1.2 Strukturelle Überkapazitäten
Industrielle
Restrukturierungsprozess werden beschleunigt in Branchen mit Überkapazitäten ausgelöst. Überkapazitäten entstehen nicht nur in stagnierenden
oder schrumpfenden Märkten, wenn die vorhandenen
Produktionskapazitäten aufgrund rückläufiger Nachfrage nicht mehr ausgelastet werden können. Veränderungen der
Standortbedingungen oder technologische Innovationen können
selbst in wachsenden Märkten dazu führen,
dass regional oder in einzelnen Segmenten Überkapazitäten entstehen.
Branchen, die
unter strukturellen Überkapazitäten leiden, können sich nur dann regenerieren, wenn Marktteilnehmer z.B. durch Insolvenz ausscheiden oder
sich bestehende Anbieter zu größeren Einheiten
zusammenschließen, um Skalenerträge zu erzielen
oder Kapazitäten gezielt aus dem Markt zu nehmen. Ein Abbau überschüssiger
Kapazitäten durch Kapazitätsbereinigungen der bestehenden Anbieter ist zwar notwendig, führt aber allein oftmals nicht zu einer nachhaltigen
Erholung der Margen und Kapitalrenditen, wenn keine optimalen
Betriebsgrößen erreicht werden. Dies gilt
fair diejenigen Branchen, in denen aufgrund von Economies of Scale Anbieter über eine kritische Betriebsgröße verfügen müssen, um
wettbewerbsfähige Kostenstrukturen zu erzielen.
Einen solchen
Restrukturierungsprozess hat z.B. die deutsche Textil- bzw. Bekleidungsindustrie durchlaufen, die mittlerweile fast vollständig in sog.
Billiglohnländern in Osteuropa oder Asien produziert.
In Deutschland oder den anderen westlichen Industriestaaten erfolgen Produktentwicklung, Design, Markenführung und
Vertrieb. In den Industriestaaten können aufgrund der hohen
Lohnkosten nur noch Aktivitäten mit hoher Wertschöpfung
bei hohen Produktivität rentabel durchgeführt werden.
1.1.3 Hohe Wettbewerbsintensität
Neben Marktwachstum,
der Größenverteilung der Anbieter und deren Kapazitätsauslastung haben andere strukturelle Parameter einen maßgeblichen Einfluss
auf die Attraktivität und die erzielbare
Kapitalrendite einer Industrie. In Branchen, die sich durch eine hohe Wettbewerbsintensität bedingt z.B. durch eine
fragmentierte Anbieterkonstellation und niedrige
Markteintrittsbarrieren auszeichnen, sind Anbieter mit einer schwachen Eigenkapitalbasis und Kostennachteilen gefährdet.
Kommt eine hohe Konzentration auf der Kundenseite hinzu,
kann der Margendruck weiter zunehmen. Ähnliches gilt bei Abhängigkeit von
Schlüssellieferanten oder Rohstoffen. Wenn
Rohstoffzugang und -konditionen kritische Erfolgsfaktoren sind, wie in der Recycling- oder Grundstoffindustrie, kann eine Angebotsverknappung auf den
Rohstoffmärkten zu stark steigenden Einstandspreisen
führen. Können Preissteigerungen bei den
Vormaterialien aufgrund der Wettbewerbssituation auf der Verarbeitungsebene
nicht oder nicht vollständig an die Kunden weitergegeben werden, verengen sich
die Rohertragsmargen ebenfalls. Derartige Entwicklungen
sind insbesondere für kleinere, finanzschwächere
Anbieter schnell existenzbedrohend.
1.1.4 Unzureichendes Marktpotenzial
Gerade bei
jungen Unternehmen liegt eine wesentliche Ursache für existenzbedrohende Krisen in einer Überschätzung des mit einem bestimmten Produkt
adressierbaren Marktpotenzials. Verwiesen sei auf die
unrealistischen Businesspläne zahlreicher Startups im Zeitalter der sog. »New Economy«. In Erwartung von rasanten
Wachstumsraten wurden erhebliche Mittel in den Aufbau
von Infrastruktur und Personal investiert, die
in keinem Verhältnis zu den erzielten und erzielbaren Umsatzerlösen standen. Hohe Anlaufverluste wurden zunächst noch von den Investoren
akzeptiert. Später waren häufig radikale Kapazitätsanpassungen
(siehe Pixelpark, Intershop) erforderlich. Wenn sich das Geschäftsmodell
insgesamt nicht als tragfähig erwies und/oder die
Kapitalgeber die Geduld verloren haben, blieb in vielen Fällen nur die Insolvenz, die zumeist in der Liquidation des Unternehmens endete.
1.1.5 Globalisierung der Wertschöpfung
Neue
Spielregeln in einer Branche können sich durch veränderte Kundenbedürfnisse
ergeben. In der Automobilzulieferindustrie zeichnet sich der Markt durch eine
hohe Konzentration und Marktmacht auf der Kundenseite
aus. Die Globalisierung auf der Ebene der OEMs wirkt sich auf die Anforderungen
z.B. hinsichtlich internationaler Präsenz, Servicequalität und
Entwicklungskompetenz an die Zulieferer aus. Darüber hinaus streben die OEMs
eine Konzentration des Lieferantenportfolios an, um durch eine weltweite Zusammenarbeit mit ausgewählten Zulieferern einheitliche
Qualitätsstandards, flexible Beschaffungsprozesse und
gute Konditionen sicherzustellen. Nur diejenigen
Zulieferer, die über hohe Produkt-/Technologiekompetenz und die entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen verfügen, können
sich glaubhaft als strategische Partner der OEMs positionieren.
Für zahlreiche
mittelständische Anbieter sind die hohen Investitionen in internationale Fertigungs-, Vertriebs- und Servicestrukturen bei fehlendem
Kapitalmarktzugang und begrenztem
Verschuldungspotenzial nur schwer zu finanzieren.
Selbst wenn
die Unternehmen über ein echtes Alleinstellungsmerkmal verfügen, besteht die Gefahr, dass globale Kunden aus strategischen Gründen nach
Alternativlösungen suchen. Oftmals bleibt nur der
Zusammenschluss oder eine strategische Allianz mit
einem größeren Partner, um die Marktposition zu verteidigen. Ähnliches gilt, wenn auf der Abnehmerseite der Trend weg vom Komponentenhersteller
hin zum Anbieter von Komplettlösungen bzw zum
Systemanbieter geht. Diese fertigen natürlich nicht
alle Komponenten selbst, sondern beziehen diese ihrerseits von Zulieferern. Für die sog. »second tier« Lieferanten ergeben sich durch das
Einziehen einer weiteren Stufe zwischen ihnen und dem OEM regelmäßig ein
erhöhter Margendruck sowie eine steigende Abhängigkeit
vom Systemintegrator.
1.1.6 Regulatorisches Umfeld
Veränderungen
des regulatorischen Umfeldes beeinflussen die Markt- und Branchenstruktur. In der Regel werden in vormals geschützten Industrien die
etablierten Anbieter durch. Liberalisierung des Marktzugangs,
Kontrolle der Preisbildungsmechanismen und
Verpflichtung der ehemaligen Monopolisten zur Öffnung der Infrastruktur unter einen starken Anpassungsdruck gesetzt. Dies verdeutlicht die
Erfahrung aus Privatisierungen ehemaliger Staatsunternehmen.
Vielfach gelingt die strategische und kulturelle
Transformation der früheren Monopolisten nur nach einem jahrelangen Anpassungsprozess. Sinkende Marktanteile, erhöhter Preisdruck und eine
nicht angepasste Kostenstruktur können dann
Unternehmenskrisen hervorrufen. Die Telekommunikationsbranche hat außerdem zu einer Auslese von jungen Anbietern
geführt, die in der frühen Phase der Liberalisierung mit
Dumping-Preisen und innovativen Tarifmodellen Marktanteile gewinnen konnten.
Dies galt auch für Anbieter, die über keine eigene Infrastruktur verfügten und
lediglich als »Reseller« am Markt auftraten. In den meisten Fällen hat sich der Wettbewerbsvorteil als nicht dauerhaft
herausgestellt.
Ähnliche
Entwicklungen ließen sich nach der Liberalisierung der Energiemärkte
beobachten. Ende der neunziger Jahre setzte eine Welle von Unternehmensneugründungen ein, die als Energiedienstleister vor allem im Bereich der Distribution
bzw dem Contracting den etablierten
Verbundunternehmen, Regionalversorgern und den Stadtwerken Konkurrenz machen wollten. Auch dieses Geschäftsmodell hat sich
bislang oft als nicht tragfähig herausgestellt, weil
die Markteintrittsbarrieren für diesen Service
niedrig und ein Mehrwert jenseits eines Preisvorteils nicht erkennbar war. Bis dato sind die meisten Unternehmen wieder vom Markt verschwunden.
Umgekehrt
zeigt derzeit das Beispiel der politisch motivierten Förderung regenerativer Energien, wie durch die gezielte Subventionierung eine neue
Industrie geboren wird. So hat sich z.B. vom Betreiber von
Windparks, den Herstellern von kompletten
Windkraftanlagen bis hin zu den Zulieferern einzelner Komponenten für diese Anlagen eine vollständig neue Branche entwickelt, die ohne die
staatlichen Zuwendungen nicht entstanden wäre. Andererseits
besteht die Gefahr, dass bei Kürzung der Subventionen
aus Gründen knapper Staatshaushalte eine ganze Branche in die Krise stürzen
kann.
1.2 Interne Krisenfaktoren
Neben den
externen Ursachen werden Unternehmenskrisen durch unternehmensinterne Krisenfaktoren ausgelöst. Diese können auf Kostennachteilen, nicht
wettbewerbsfähigen Produkten/Technologien oder
ineffizienten Strukturen und Prozessen beruhen.
Verspätete Reaktion auf Veränderungen im Marktumfeld können ebenso Auslöser für Krisen sein wie Innovationen von Wettbewerbern, die bestehende
Wettbewerbsvorteile erodieren oder gänzlich zerstören. Hier sind Unternehmen
besonders gefährdet, deren Geschäftskonzept auf wenige
Fähigkeiten beruht, die nicht flexibel in neue
Produkte und Anwendungen transformiert werden können. Im Folgenden werden ausgewählte unternehmensbezogene Krisenfaktoren dargestellt.
1.2.1 Unklare strategische Ausrichtung
Bei
Sanierungsfällen fehlt es oftmals an einer klaren strategischen Ausrichtung,
die den Rahmen fair die künftige
Unternehmensentwicklung absteckt und auf der Grundlage einer eingehenden
Umfeld- und Unternehmensanalyse für alle Geschäftsfelder erarbeitet worden ist. Es fehlt eine kompetenz- und ressourcenorientierte
Auswahl von Märkten, Zielkundensegmenten, Produktprogrammen
und eine entsprechende Gestaltung der Wertschöpfungskette.
Vielfach fällt es schwer, ein relevantes Alleinstellungsmerkmal zu entdecken. Eine strategische Planung, die auch eine
mehrjährige, integrierte Ergebnis-, Bilanz- und Cash
Flow-Planung beinhaltet, liegt zuweilen nicht vor. Stattdessen
dominiert die Bewältigung des Tagesgeschäfts das Handeln der Unternehmensleitung. Auftretende Probleme werden regelmäßig durch kurzfristige Maßnahmen bewältigt statt den strukturellen Ursachen auf den Grund zu gehen.
1.2.2 Komplexes Produktprogramm
In zahlreichen
Sanierungsfällen stellt man eine zu große Breite und Tiefe des Produktprogramms fest. Eine hohe Variantenvielfalt führt zu versteckten
Komplexitätskosten in der gesamten
Wertschöpfungskette. Die Fokussierung der Vertriebsaktivitäten leidet, in der Fertigung entstehen durch zu geringe Losgrößen hohe
Umrüstkosten und Produktivitätsverluste, im Einkauf können keine
optimalen Beschaffungskonditionen
vereinbart werden, wenn die Anzahl der zugekauften Materialien durch Kleinstmengen ausufert. Hohe Lagerbestände bei Ersatzteilen, Materialien,
Halb- und Fertigprodukten belasten die Liquidität. Auch in den Bereichen
F&E und Verwaltung entstehen zusätzliche Kosten, da ein
umfangreiches Produktprogramm den Prozess der Auftragsabwicklung, die Kornmissionierung und das Controlling
verkompliziert.
ABC-Analysen
zeigen häufig, dass mit ca. 15% bis 20% der Produkte ca. 80% bis 90% der Deckungsbeiträge generiert werden. Häufig weisen etliche Produkte
sogar negative Deckungsbeiträge auf. Dies gilt in
ähnlicher Weise für das Kundenportfolio. Es kann daher
durchaus sinnvoll sein, das Produktprogramm zu straffen und sich aus bestimmten
Vertriebskanälen zurückzuziehen.
1.2.3 Kundenabhängigkeit
Besonders
anfällig sind Unternehmen, wenn produkt- oder kundenbezogene Abhängigkeiten bestehen. Dies trifft auf junge Unternehmen zu, deren
Geschäftsmodell noch nicht ausgereift ist und deren Produkte und
Dienste nur von einigen Schlüsselkunden
abgenommen werden. Aber auch bei etablierten Unternehmen hängt das Schicksal zuweilen am Bestellverhalten einiger weniger Großkunden.
1.2.4 Verfehlte Markenpolitik
Manche
Sanierungsfälle haben ihre Wurzel in einer verfehlten Marken- und Produktpolitik. Konsistenz von Markenimage, Preispolitik,
Produktpositionierung und Kommunikationsstrategie
sind bei Markenartikeln ein entscheidender Erfolgsfaktor. Wenn das Produktangebot nicht zum Markenimage passt, werden Erwartungen der
Kunden enttäuscht. Mit der Zeit erodiert der
Marktanteil, da Kundennutzen und - bindung
abnehmen.
1.2.5 Unzureichende Technologiekompetenz
In
technologiegetriebenen Branchen mit kurzen Produktlebenszyklen wie z.B. der Halbleiterindustrie können Unternehmen nur dann überleben, wenn die von ihr
eingesetzte und angebotene Technologie »state of the art«
ist. Dies bedeutet keineswegs, dass in
innovationsgetriebenen Branchen nur der Innovationsführer hohe Renditen erzielen kann. Vielmehr sind »follower« darauf angewiesen, den
technologischen Nachteil so schnell wie möglich aufzuholen und
sich dann über Kosten- oder Differenzierungsvorteile
(z.B. im Service) einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Allerdings können
Unternehmen, deren Produkte technologisch veraltet sind, dieses Defizit nur begrenzt über Preiszugeständnisse für ihr veraltetes Produktportfolio
kompensieren. Ein aktuelles Beispiel stellt der Markt für
TV-Geräte dar, in dem diejenigen Hersteller vor Problemen stehen, die nicht rechtzeitig in die Technologie der
Flachbildschirme investiert haben.
1.2.6 Unfokussiertes Geschäftsfeldportfolio
Auch eine
verfehlte Diversifikationsstrategie kann Auslöser für eine Unternehmenskrise sein. Dies gilt vor allem dann, wenn zwischen den unterschiedlichen
Geschäftsfeldern weder horizontale noch vertikale Synergien
bestehen. Es besteht die Gefahr, dass mit dem
Ziel der Risikostreuung unübersichtliche Konglomerate ohne echten USP entstehen. Dies kann zur Folge haben, dass auch das ehemalige Kerngeschäft
an Kraft verliert, weil Managementressourcen nicht
zur Weiterentwicklung dieses Geschäftes
eingesetzt worden sind. Werden außerdem überhöhte Kaufpreise gezahlt und diese überwiegend fremdfinanziert, verschlechtert sich das Risikoprofil
des Unternehmens beträchtlich. Als Beispiele seien die
Krise der Metallgesellschaft Anfang der neunziger Jahre erwähnt, die zwar durch
fehlgeschlagene Spekulationen auf den Öl-Terminmärkten ausgelöst wurde, ihre
Wurzeln jedoch in der zu dieser Zeit nicht mehr steuerungsfähigen, unüberschaubaren
Gruppenstruktur hatte.
1.2.7 Operative Ineffizienz
Zahlreiche
Sanierungsfälle weisen Kostennachteile gegenüber dem Wettbewerb auf. Die kontinuierliche Anpassung und Optimierung der Wertschöpfungskette an
veränderte Umfeldbedingungen ist unerlässlich für den
unternehmerischen Erfolg. Ein hohes Maß an
operativer Effizienz ist insbesondere in Commodity-Märkten essentiell für die Wettbewerbsfähigkeit, wenn es nur wenig Raum für eine
Differenzierungsstrategie gibt. Es gibt etliche Beispiele von Unternehmen, die
eine rechtzeitige Umgestaltung der Wertschöpfungskette
durch eine Verlagerung arbeitsintensiver Aktivitäten ins lohnkostengünstigere
Ausland versäumt haben. Kostennachteile und schwindende Margen sind die Folge.
Die
Geschäftssituation dieser Unternehmen ist oftmals nicht von sinkenden Marktanteilen
oder rückläufigen Umsätzen geprägt. Vielmehr leidet das Unternehmen unter einer zu geringen Produktivität in der Fertigung, hohen
Gemeinkosten und urflexiblen Geschäftsprozessen. Die Sanierung
des Unternehmens kann über entsprechende
Kostensenkungsprogramme in den Overheadfunktionen und eine Verschlankung des Unternehmens entlang der gesamten Wertschöpfungskette
gelingen. Der Breakeven lässt sich dadurch in
Krisensituationen, die nicht ursächlich in einem schwierigen Marktumfeld liegen, regelmäßig wesentlich schneller erreichen.
1.2.8 Controlling/Unternehmenssteuerung
Neben den
strategischen und operativen Problemfeldern sind unzureichende Controlling-Instrumente typisch für Sanierungsfalle. Fehlende Transparenz,
Korrektheit und Aktualität von Finanzzahlen führen dazu, dass
wichtige Steuerungsinformationen der
Unternehmensleitung fehlen. Verfügt ein Unternehmen nicht über detaillierte kunden- und produktbezogene Deckungsbeitrags- und Ergebnisrechnungen, eine Vor- und Nachkalkulation sowie eine detaillierte Unternehmensplanung,
können Fehlentwicklungen nicht rechtzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen
zur Gegensteuerung eingeleitet werden.
1.2.9 Nicht tragfähige Finanzierungsstruktur
Eine schwache
Eigenkapitalquote, eine fristeninkongruente Finanzierungsstruktur sowie
Liquiditätsengpässe sind meist nicht Auslöser, sondern Folge von Problemen im operativen Geschäft. Andererseits stellt eine ausreichende
Eigenkapitalausstattung sicher, dass
Unternehmen in einer Krise über entsprechende Reserven verfügen, um einen Sanierungsprozess erfolgreich zu bewältigen.
Restrukturierung
— Ursachen, Verlauf und Management von Unternehmenskrisen 15
Es gibt jedoch
auch Situationen, in denen eine unausgewogene Finanzierungsstruktur echter
Auslöser einer Krise sein kann. Dies belegen mittelgroße, börsennotierte Gesellschaften, die in boomenden Aktienmärkten langlaufende Wandelanleihen
in der Hoffnung ausgegeben haben, dass die Anleger bei
steigenden Aktienkursen die Anleihe in
Aktien tauschen und damit auf den Rückzahlungsanspruch verzichten. In manchen Fällen hat sich allerdings die Aktienkursperformance so negativ
entwickelt, dass sich eine Ausübung des Wandlungsrechts nicht
lohnte und demzufolge die Rückzahlung der
Anleihe anstand. Eine Refinanzierung der Anleihe durch eine Neuauflage der Anleihe war wegen des fehlenden Vertrauens der Anleger ebenso wenig
möglich wie durch Aufnahme eines zusätzlichen Bankkredits, da das
Verschuldungspotenzial nicht ausreichte. Eine ungeeignete
Kapitalstruktur kann auf diese Weise bei einer Verschlechterung des Kapitalmarktumfelds trotz operativ profitablem
Geschäft eine akute liquiditätsgetriebene Unternehmenskrise
auslösen.
1.2.10 Defizite im Risikomanagement
Unternehmen,
die ihre Wahrungs-, Rohstoffpreis- oder Zinsänderungsrisiken nicht absichern, sondern auf bestimmte Marktbewegungen spekulieren, sind bei
ungünstiger Marktbewegung nicht mehr kontrollierbaren
Risiken ausgesetzt. Dies hat das Beispiel der
Metallgesellschaft verdeutlicht, als diese durch Spekulationen an den Öl-Terminmärkten vom Konkurs bedroht war.
Ähnliche
Effekte können sich einstellen, wenn langfristige vertragliche Garantien eingegangen
werden, die bei ungünstiger Marktentwicklung zu Verlusten des Garantiegebers führen. Beispiele sind langfristige Mietgarantien, die zuweilen
Anlegern in Immobilienfonds gewährt worden sind. Bei sinkendem Mietzinsniveau
am Markt hat dies erhebliche Ausgleichverpfiichtungen zur Folge.
1.2.11 Geringe Unternehmensgröße
Nach
Schätzungen von Creditreform war die Risikoquote, gemessen durch die Anzahl insolventer je 10.000 Unternehmen, in der Bauindustrie mit 256 in 2003 am
höchsten. Dass die Unternehmensgröße ein wichtiger Indikator
für die Insolvenzwahrscheinlichkeit ist,
zeigen die statistischen Erhebungen von Creditreform, nach denen von den ca. 39.700 Unternehmensinsolvenzen in 2003 lediglich 0,3% einen Umsatz
von mehr als EUR 50 Mio. ausgewiesen haben. Die Abhängigkeit von wenigen Produkten, Kunden und Märkten stellt hier das größte Bedrohungspotenzial dar,
zumal die schwache Eigenkapitalausstattung gerade im Mittelstand
die Überwindung einer längeren Krisenphase kaum zulässt.
1.2.12 Unzureichende Managementqualität
Fehlentscheidungen
des Managements sind fast immer mitverantwortlich für das Entstehen von Unternehmenskrisen. Daher ist in akuten Krisensituationen
stets kritisch zu hinterfragen, ob das bestehende
Management zumindest teilweise ersetzt oder von außen verstärkt werden muss.
Das beste Sanierungskonzept nützt wenig, wenn es an Bereitschaft oder Fähigkeit
des Managements zu einer konsequenten Umsetzung fehlt. Weiterhin ist zu
bedenken, dass das Vertrauen der Mitarbeiter und der Kapitalgeber in das Management ein wichtiger Erfolgsfaktor für das
Gelingen eines Turn Around-Programms ist.
1.2.13 Ineffiziente Unternehmensstruktur
Durchleuchtet
man Unternehmen, die in Krisensituationen geraten sind, fallen zumeist auch Schwächen in der Aufbau- und Prozessorganisation auf starre
Hierarchien, lange Entscheidungswege und eine zu wenig auf die
Marktanforderungen ausgerichtete
Führungsorganisation erschweren Anpassungsprozesse an ein sich dynamisch veränderndes Umfeld. Das Fehlen von klarer Ergebnisverantwortung,
zielkonformen Anreizsystemen für Führungskräfte und mangelnde
Flexibilität und Effizienz von Schlüsselprozessen
charakterisieren fast alle typischen Sanierungsfälle.
Die
Unternehmenskultur ist häufig mehr von Sicherheitsdenken, dem Einhalten von Regeln und Formalitäten als durch Unternehmergeist, Eigeninitiative,
Innovationsfreude und Risikobereitschaft geprägt. Oftmals
haben Top-Leute das Unternehmen bereits
verlassen. Es ist daher besonders wichtig, die verbliebenen Schlüsselmitarbeiter
und Potenzialträger zu identifizieren und zu einer aktiven Mitwirkung am Sanierungsprozess zu motivieren. Dies kann regelmäßig nur gelingen, wenn
eine attraktive Führungsposition und/oder eine
finanzielle Beteiligung am Sanierungserfolg in
Aussicht gestellt werden.
Quelle: Volker Brühl
In der Krise steht oft das gesamte Vermögen der Eigentümer auf dem Spiel, es gilt das Lebenswerk zu retten. In solchen Fällen helfen keine Ratschläge und auf Hochglanzpapier gedruckte Konzepte – sondern Taten und Ergebnisse. Um die operativen und finanziellen Hürden zu meistern sind rasches Handeln, Objektivität und echte Resultate notwendig. Solche Situationen erfordern umsetzungsstarke und krisenerfahrene Managementleistungen.
Kluge Eigentümer und vorausschauende Manager haben dies erkannt. Es geht um Performance im gesamten Unternehmen, erkennbar an exzellenten Bilanzen – die ein Topunternehmen vom Mitbewerb unterscheiden.
ReManagement bietet Services für Krisenunternehmen bzw. Unternehmensbereiche mit geringer Performance. In über 10 Jahren Erfahrung haben unsere Mitarbeiter das Vertrauen unserer Kunden erarbeitet, indem wir jedem Problem höchste Aufmerksamkeit geben. Faktenorientiert Lösungen aufzeigen, verbindlich Handeln und ein integerer Führungsstil zeichnen uns aus. Wir glauben an partnerschaftliche Umsetzung und Qualität in unserem Handeln, sowie echte Freude an der Arbeit. Dies ist der Schlüssel für den gemeinsamen Erfolg.